Ramie

Ramie (Boehmeria nivea, engl.: China Grass)

Bei Ramie handelt es sich um eine Nesselart ohne Brennhaare. Textilien aus Ramiefasern sind, zusammen mit solchen aus Leinen, erstmals in ägyptischen Mumienbinden aus der Zeit zwischen 5000 und 3300 v. Chr. nachgewiesen. In China wird Ramie seit etwa 3.000 Jahren kultiviert. Damit gehört Ramie zu den ältesten Faserpflanzen der Welt. Derzeit werden weltweit im Jahr etwa 150.000 Tonnen Fasern aus Ramie erzeugt. Hauptproduktionsland ist mit etwa 90 % der Weltproduktion China, daneben Laos, die Philippinen, Brasilien und Indien.

Ramie wird hauptsächlich in den jeweiligen Erzeugerländern verbraucht, nur ein Bruchteil der Produktion gelangt auf den Weltmarkt. Es gibt sowohl an die Tropen als auch an die Subtropen angepasste Sorten. Selbst in unseren gemäßigten Breiten wächst Ramie gut, friert allerdings im Winter regelmäßig aus, sofern er nicht mit einem Frostschutz abgedeckt wird.

So wurde Ramie im 19. Jahrhundert im Breisgau ackerbaulich kultiviert, es gab sogar spezialisierte Unternehmensgründungen wie die „Erste deutsche Chinagras Manufaktur“ (F. E. Seidel u. Co.) in Zittau. Allerdings fällt der mögliche Faserertrag offenbar mit der Anzahl der Ernten merklich ab: sind in den Tropen fünf bis – im Extremfall – acht Ernten im Jahr möglich, so sind es in den Subtropen eher drei bis vier Ernten und unter hiesigen Bedingungen nur ein bis zwei Ernten im Jahr.

Glaubt man der UN-Statistik, so erzielt man in Laos und Brasilien mit knapp 3 Tonnen Fasern je Hektar und Jahr die höchsten Flächenerträge, während China mit etwa 1,6 Tonnen Ramiefaser je Hektar und Jahr etwa auf dem Ertragsniveau von westeuropäischem Flachs liegt.

Ramie wird ähnlich wie die Fasernessel in Reihen gepflanzt und schließt die Reihen während der Vegetation rasch. Je nach Anbauland und landwirtschaftlicher Struktur wird Ramie sowohl von Hand als auch maschinell geerntet und ebenso aufbereitet. Als lagerfähige Zwischenstufe wird in allen Fällen nach vollständiger Entholzung eine Art Bast erzeugt, der neben den erwünschten Fasern noch einen beträchtlichen Anteil an „Pflanzenklebstoff“ enthält, der vor der textilen Weiterverarbeitung noch abgetrennt („degummiert“) werden muss. Dies geschieht heute überwiegend durch den Einsatz von Chemikalien und Kochen.

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Als Zwischenprodukte erhält man als wertvollste Fraktion Faserbänder mit sehr langen Fasern von 200 bis 600 mm, daneben solche mit etwa 80 –150 mm „Stapellänge“ und schließlich aus beider Abgänge Bänder aus Fasern etwa in der Länge von Baumwolle 25 – 60 mm).

Ramie wird alleine als lange Faser ähnlich wie Leinen nass zu mittelfeinen bis sehr feinen sowie trocken zu mittleren bis groben Garnen versponnen.

Aus Ramie lassen sich die feinsten derzeit am Markt erhältlichen Garne (bis Nm 100, d.h. 1 g Garn hat eine Lauflänge von 100 m) aus Bastfasern fertigen.

Zum Vergleich: Flachs bzw. Leinen bringt es im Extremfall auf Nm 80, Hanf kaum über Nm 30. Rein verwebt ergibt Ramie Gewebe, die dem Leinen ähneln, jedoch kann er durch das weitgehende Fehlen von abstehenden Faserenden einen noch ausgeprägteren Glanz („Lüster“) aufweisen.

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